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Selbstbestimmung und Menschenwürde im Alter
Die Idee eines Permanten Persönlichen Unterstützer*innenkreises – PPUK
Eine Elterngruppe von Söhnen und Töchtern mit kognitiven Einschränkungen (sog. geistiger Behinderung) hat über mehrere Jahre ausführlich darüber nachgedacht, wie eine angemessene Betreuung ihrer - inzwischen auch alt gewordenen - Kinder aussehen könnte, wenn sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind.
Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass ein kleiner Kreis von Personen, der sich die Betreuung für eine Person teilt – ein Permanenter Persönlicher Unterstützer*innenkreis (PPUK) – eine Lösung sein könnte.
Ausgangspunkt unserer Überlegungen
Die Betreuung eines Menschen mit kognitiven Einschränkungen ist zeitlich meist aufwändig und nimmt mit zunehmendem Alter der zu betreuenden Person (UP) zu. Der zeitliche Einsatz schwankt je nach Art und Grad der Einschränkungen erheblich.
Die Elterngruppe listete 41 verschiedene Betreuungsaufgaben auf, deren Aufwand sie individuell für ihr Kind abschätzten. Wie hoch die Eltern den Aufwand für ihre zu betreuende Person einschätzten, trugen sie in eine Tabelle ein. Dabei ergab sich bei den 9 betreuenden Eltern der Gruppe ein durchschnittlicher Aufwand von zwischen 13 und 47 Stunden im Monat. Die detaillierte Tabelle, die ein Anhaltspunkt für alle betreuenden Eltern sein kann, welche Aufgaben sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich ausführen, stellen wir gerne zur Verfügung.
Unsere Idee eines PPUK: Betreuungsaufgaben auf mehrere Personen verteilen
Die Idee des PPUK ist, die Betreuungsaufgaben auf mehrere Personen zu verteilen. Dies kann nicht willkürlich geschehen. Für die meisten UP ist eine rechtliche Betreuung eingerichtet, die derzeit von den Eltern wahrgenommen wird. Die rechtliche Betreuung wird vom Familiengericht ausgesprochen.
Zum Einstieg ein Eintrag auf Wikipedia zu Betreuung (Recht).
Der/die gesetzliche Betreuer(in) wird damit gegenüber Behörden oder anderen Institutionen zum Vertreter/zur Vertreterin der UP, ist aber gleichzeitig zur Beachtung des Willens der UP verpflichtet. Er/sie muss über seine Tätigkeit jährlich dem Familiengericht berichten. Je nach Umfang und Art der Einschränkung der UP betrifft die Betreuung einen oder mehrere Lebensbereiche (z.B. Gesundheitsfürsorge, Bestimmung des Aufenthalts, Wohnungsangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten, Post).
Das bedeutet, dass viele der aufgeführten Aufgaben von der/dem gesetzlichen Betreuer*in erledigt werden und gleichzeitig, dass die/der gesetzliche Betreuer*in ein Mitglied des PPUK sein muss. Es muss im Detail geklärt werden, welche Aufgaben die/der gesetzliche Betreuer*in delegieren darf.
Eine wichtige Rolle spielt auch der/die Testamentsvollstrecker(in), der/die sich um finanzielle Zuschüsse aus einem Erbe kümmert.
Die vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen können nicht alles leisten
Mit den bislang aufgeführten Personen ist der gesetzliche Rahmen der Unterstützung der UP abgedeckt. Wir Eltern sind jedoch überzeugt, dass dies für das Wohlbefinden unserer Kinder nicht ausreicht. Sie brauchen Unterstützung im emotionalen Bereich und bei lebenswichtigen Entscheidungen.
Der Permanente Persönliche Unterstützer*innen-Kreis sollte ca. 3-6 Personen umfassen, die sich individuell um die zu betreuende Person kümmern. Hier warten Aufgaben für Mitglieder des PPUK, die keine oder wenig Kenntnis von behördlichen Auflagen erfordern.
Wenn du dir für eine dir bekannte Person eine Teilnahme an einem PPUK vorstellen kannst, solltest du überlegen, welche der Aufgaben zu dir passt und wieviel Zeit du verlässlich dafür aufbringen kannst.
Wie stellen wir uns konkret die Organisation eines PPUK vor?
Eltern und UP überlegen, welche Personen am PPUK beteiligt sein könnten und ermitteln den aktuellen Betreuungsbedarf. Danach treffen sich die Kandidat*innen, um herauszufinden, ob sie sich eine Kooperation vorstellen können.
Es folgt eine möglichst von einer erfahrenen Person geleitete Gründungsversammlung, auf der die UP zusammen mit den Mitgliedern des PPUK nach den Grundsätzen der persönlichen Zukunftsplanung (zum Beispiel https://www.persoenliche-zukunftsplanung.eu/materialien/methoden-ueberblick.html) ihre Wünsche für die Zukunft festhält. Daraus ergeben sich dann die individuell auf die UP zugeschnittenen Aufgaben.
Die Mitglieder des PPUK legen die Verfahrensregeln fest (z.B. die Rollen der Mitglieder des PPUK, die Form der Kommunikation untereinander und mit der UP, die Verteilung von Aufgaben und der Ablauf von Entscheidungsprozessen).
Die Kommunikation zwischen den Mitgliedern des PPUK könnte weitgehend über eine soziale Webgroup erfolgen. Der PPUK beschließt Grundsätze, nach denen er arbeitet. Er arbeitet ehrenamtlich.
In regelmäßigen Abständen (z.B. halbjährlich) trifft sich der PPUK und bespricht die Fortschritte und die Hemmnisse bei der Umsetzung der Betreuungsaufgaben. Er plant die nächsten Schritte und deren Realisierung. Dazu werden auch die professionellen Unterstützer*innen (Betreuer*innen der Wohngruppe, Pflegedienstleistende) eingeladen, um deren Erfahrungen in den Planungsprozess einzubeziehen.
In größeren Abständen, bei Konflikten zwischen den Mitgliedern des PPUK, aber auch bei auffälliger Inaktivität unterzieht sich der PPUK einer Supervision durch Moderator*innen, die im Bereich der Behindertenhilfe Erfahrung haben.
Hast Du Fragen oder Interesse zum PPUK?
Einige Fragen sind auch bei uns offen geblieben.
Die Arbeitsgruppe hat einen detaillierten Abschlussbericht ihrer Arbeit und eine Handreichung für interessierte Teilnehmer*innen erstellt, die wir dir bei Interesse gerne zuschicken können.
Wenn Du Dich für die Teilnahme an einem Permanenten Persönlichen Unterstützer*innenkreis (PPUK) interessierst oder Fragen dazu hast, melde Dich bei uns!
Hamburg 2021
Kontakt
Camilla Dawletschin Linder
E-Mail: Dawletschin.Linder(at)t-online.de
Günter Miehlich
E-Mail: g.miehlich(at)gmx.de
Wir geben gerne Auskunft.